Sie hat endlos lange Beine, eine Wespentaille und ein makelloses Gesicht. Mit ihren fast 60 Jahren hat sie sich gut gehalten, ist immer modisch gekleidet und geschminkt. Die Barbie ist die bekannteste Puppe der Welt. Ihr Vorbild stammt aus der Feder von Reinhard Beuthien. 1952 hatte der Karikaturist den Auftrag, für den Verleger Axel Springer und seine frisch auf den Markt gekommene Bild-Zeitung ein paar Zeichnungen zu liefern. Er legte los und brachte nach ein paar missglückten Versuchen schließlich das überdrehte Bild einer jungen Frau zu Papier. Ihr Name: Lilli. Der Axel-Springer-Verlag war zufrieden. „Sex sells“ – das war offenbar schon im Nachkriegsdeutschland eine Erkenntnis der Branche. Und Sexismusdebatten? Die waren damals noch lange nicht an der Tagesordnung. Lilli verkaufte sich gut auf den Seiten der Bild. So gut, dass der Verlag beschloss, eine Puppe von ihr auf den Markt zu bringen.
Hier kam der Modelleur Max Weißbrodt von der Spielzeugfabrik O. & M. Hausser in Neustadt bei Coburg ins Spiel. Der gelernte Bildhauer fertigte nach den Zeichnungen von Reinhard Beuthien einen Prototyp der Puppe aus Hartplastik. Dabei stand er vor einigen Herausforderungen: Wie sollten die Arme mit dem Rumpf verbunden werden? Wie ließ sich der Kopf am besten anbringen? Weißbrodt probierte und tüftelte. Lilli wurde schließlich im Vergleich zu den bisherigen Figuren, die die Firma zu der Zeit herstellte – meist waren es Cowboys und Indianer – auf völlig andere Weise geformt und bekam dafür insgesamt drei Patente verliehen: So verlief der Schnitt zwischen ihrem Kopf und dem Körper schräg von unten nach oben, vom Kinn zum Nacken. Dadurch konnte Lilli den Kopf kokett schief legen. Lillis Haar wurde um den Rand einer Plastikhalbkugel angebracht, die am Kopf festgeschraubt war. Ihre Hüftgelenke wurden nicht schräg, sondern gerade am Körper angesetzt. Dadurch hielt sie, wenn man sie hinsetzte, die Beine damenhaft parallel.
Aus Lilli wird Barbie
Produziert wurde Lilli von 1955 bis 1964 rund 130.000 Mal. Auch Kleidung und Zubehör gab es in diesem Zeitraum für sie zu kaufen. Bald wurden auch mehrere andere Spielzeugproduzenten auf die Modepuppe aufmerksam und brachten mehr oder wenige gelungene Kopien von ihr auf den Markt. Der amerikanische Hersteller Mattel sollte sie schließlich in den Schatten stellen: Ruth Handler, eine der Gründerinnen des Betriebes, entdeckte Lilli 1958 auf einer Europareise. Zurück in Kalifornien ließ sie eine Puppe nach Lillis Vorbild schaffen, die unter dem Namen Barbie am 9. März 1959 auf der Spielzeugmesse in New York präsentiert wurde. Sie sah der Bild-Lilli verblüffend ähnlich. Noch heute ist Barbie in fast jedem Kinderzimmer zu Hause.
(Bild: pixarno – AdobeStock.com)