E-Ship 1 mit vier Flettner-Rotoren

Der Flettner-Rotor

Quer zum Strom

Auch die Geschichte der Schifffahrt ist eine Geschichte voller Innovationen: Mit der Entwicklung des Flettner-Rotors konnte schon vor über 100 Jahren Windenergie in Antriebsenergie umgewandelt werden.

Wie kann das Personal auf Segelschiffen entlastet und Zeit eingespart werden? Diese Frage trieb in den 1920er Jahren den Frankfurter Erfinder Anton Flettner um. Seine Plan war es, die üblichen Segel aus Tuch durch mit einem Hilfsruder ausgestattete Metallsegel zu ersetzen. Zur gleichen Zeit wurde der Ingenieur auf die Versuche mit rotierenden Zylindern an der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen aufmerksam. Deren Erkenntnisse machte er sich zunutze – und entwickelte einen Rotor, der nach dem sogenannten Magnus-Effekt funktioniert: Dabei erzeugt ein der Windströmung ausgesetzter, rotierender Zylinder aus dem Sog und den Staudruckkräften eine Kraft, die quer zur Strömung verläuft. Diese Kraft ist weitaus größer als bei einem angeströmten starren Zylinder. Ein mit Flettner-Rotoren ausgerüstetes Schiff muss also ähnlich einem Segelschiff gegen den Wind aufkreuzen. Bei Flaute bleibt es antriebslos. Seine Erfindung ließ sich Flettner als Schiffsantrieb patentieren.

Umweltschonender Antrieb

Die Rotorschiffe konnten sich wirtschaftlich anfangs allerdings nicht durchsetzen. Erst Anfang der 1980er-Jahre ließ Jacques-Yves Cousteau, ein Pionier in der Meeresforschung, mit der „Alcyone“ ein Forschungsschiff bauen, das vergleichbare Zylinder nutzte, die als Zusatzantrieb wirkten. 2008 lief dann in Kiel das „E-Ship 1“ vom Stapel, bei dem große Flettner-Rotoren zum Einsatz kommen.

Auch heute noch wird das umweltschonende Prinzip des Flettner-Rotors, das Windenergie in Antriebsenergie umwandelt, für die Schifffahrt genutzt: Durch die Diesel-Kraftstoff-Einsparungen auf dem E-Ship – immerhin bis zu 25 Prozent – sahen sich einige Reeder veranlasst, ihre neuen Schiffe mit Flettner-Rotoren auszustatten oder bestehende Schiffe nachzurüsten. So wurde 2014 der Frachter „Estraden“ mit dem modernen „Norsepower-Rotor-Sails“-System, einer leistungsfähigeren Version der früheren Flettner-Rotoren, ausgestattet und spart seitdem sechs Prozent Treibstoff. Auch der griechische Frachter „MV Afros” – der es 2018 immerhin zum „Ship of the Year“ schaffte – wurde mit vier verschiebbaren Rotoren ausgestattet. 2018 erhielt die „Viking Grace“ der Reederei Viking Line als erstes Passagierschiff versuchsweise einen 24 Meter hohen Flettner-Rotor. Dessen Einsparungen waren jedoch zu gering. Daher wurde auf weitere Einbauten des Rotors auf anderen Passagierschiffen der Viking Line vorerst verzichtet.

Bilder: E-Ship 1: von Jamieson from Aberdeen, Scotland, (20037221244), lizensiert unter CC BY 2.0; Flettner-Rotorschiff Buckau: Bundesarchiv Bild 102-00814, Kiel, Flettner-Rotorschiff Buckau, CC BY-SA 3.0 DE; Porträt Anton Flettner und Kräfte am Flettner-Rotor: gemeinfrei

Schwarz-weiß Foto Flettner-Rotorschiff Buckau
Schiff "Buckau" mit zwei Flettner-Rotoren, 1924
E-Ship 1 mit vier Flettner-Rotoren
E-Ship 1 mit vier Flettner-Rotoren, 2008
Porträt von Anton Flettner und Kräfte am Flettner-Rotor
links: Anton Flettner; rechts: Kräfte am Flettner-Rotor

Ort der Präsentation

In der Kieler Förde stellt Flettner 1924 sein Rotorschiff vor.

Zurück