Vorturteile gegenüber Schutzrechten

Klartext, bitte: Über den Nutzen von Schutzrechten

Wer in Deutschland innovativ ist, hat gute Chancen. Und noch bessere, wenn er über die Möglichkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes informiert ist und seine Innovationen schützen lässt.

Höchste Zeit, um mal mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen.

Vorurteil 1: Schutzrechte sind teuer und machen Arbeit.

Das trifft auch auf Eigentumswohnungen zu – und trotzdem entscheiden sich viele Menschen dafür. Weil es abgesehen von hohen Rücklagen, einem nachlässigen Hausverwalter oder lästigen Nachbarn auch viele Argumente für einen Kauf gibt. Erst recht bei Schutzrechten: Wer abwägt, welche er anmeldet, wer den Markt und die Konkurrenz beobachtet und Nachahmer frühzeitig erkennt, für den zahlen sich die Investitionen oft aus. Denn Marken, Designs oder Patente gewährleisten Exklusivität für das Produkt, das sie schützen. Diese Exklusivität kann ein Wettbewerber nicht schwächen, selbst wenn er noch so viel investiert. Ein Schutzrecht halten heißt also auch: ein Alleinstellungsmerkmal haben. Und das kann für Kunden ein entscheidendes Kaufargument sein. Bekannte Marken wie Coca Cola oder Designklassiker wie die Louis-Vuitton-Tasche oder der Kaffeehausstuhl von Thonet führen uns das seit Jahren vor. Hier geht für viele Konsumenten doch nichts über das Original. Übrigens wird gerade das Design häufig besonders unterschätzt: Die Kosten hierfür sind vergleichsweise gering. Und es wird zunächst ungeprüft eingetragen. Ob es tatsächlich Bestand hat, beurteilt das Gericht erst, wenn ein potenzieller Verletzer das Gegenteil behauptet und nachweist. Diese grundsätzliche Schutzwirkung und der geringe finanzielle Aufwand sprechen dafür, mal über die Anmeldung eines Designs nachzudenken. Es kann sich lohnen. Der Ertrag, der am Ende womöglich entsteht, kann weitaus größer sein als die damit verbundenen Investitionen.

Vorurteil 2: Als kleine Kreativfirma meine Schutzrechte durchsetzen? Da habe ich doch gar keine Chancen!

Und ob! Gerade in Deutschland hat der Schutz geistigen Eigentums einen besonders hohen Stellenwert. Das ist vor allem auf das gut funktionierende Schutzrechtssystem hierzulande zurückzuführen. Auf potenzielle Nachahmer haben fremde Schutzrechte daher schon eine abschreckende Wirkung. Noch dazu können Streitigkeiten oft außergerichtlich beigelegt werden – und meist auch zugunsten des Schutzrechtsinhabers. Und kommt es doch zu einem Verfahren, sind die Kosten im Vergleich zu anderen Ländern gering.

Vorurteil 3: Sind meine Ideen nicht durch das Urheberrecht schon ausreichend geschützt?

Was sind überhaupt Ideen im Sinne des Urheberrechts? Mit dieser Frage fängt es an. Damit sind vor allem Ideen gemeint, die auf eine schöpferische, individuelle Leistung zurückzuführen sind. Texte, Tonstücke, Fotos und grafische Gestaltungen können dazu zählen – also zum Beispiel auch Verpackungen. Das Urheberrecht entsteht automatisch dann, wenn ein Werk vollendet wurde. Es wird nicht durch ein Amt geprüft oder registriert. Wer aber für seine kreativen Ideen Schutzrechte, insbesondere Designs, registriert, kann sie im deutschen Rechtssystem einfacher durchsetzen. Denn durch die Registrierung kann leichter nachgewiesen werden, was sie konkret schützen und wer ihr Inhaber ist. Schlechte Karten also für Nachahmer! Unternehmen, die mit viel Fantasie und kreativem Gespür zum Beispiel eine markante Verpackung entwickelt haben, können sich sie durch ein eingetragenes Design schützen lassen – und haben maximal 25 Jahre lang die Gewissheit, dass sich niemand ihre Idee zu eigen macht.

Vorurteil 4: Gut, dass ich für mein Logo eine Marke angemeldet habe. Damit bin ich rechtlich auf der sicheren Seite.

Nicht ganz. Zunächst ist zu klären, wie das Logo eingesetzt werden soll. Soll es in erster Linie darauf hinweisen, dass die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen vom Herstellerunternehmen stammen, ist eine Marke (Bild- oder Wort-Bild-Marke) sinnvoll. Wenn es aber auf die Erscheinungsform – also auf Linien, Konturen, Farben oder Verzierungen – des Logos ankommt, bietet sich eher das Design an. Erst recht wenn das Logo vielseitig genutzt werden soll – denn im Gegensatz zur Marke muss ein Design nicht auf bestimmte Produkte oder Dienstleistungen festgelegt werden. Im Vergleich zur Marke ist der Designschutz zudem recht kostengünstig. In einigen Fällen hält doppelt jedoch besser: Dann kann es sich lohnen, für das Logo parallel eine Marke und ein Design anzumelden.

Vorurteil 5: Besteht der beste Schutz nicht darin, die eigenen Ideen einfach geheim zu halten? Bei Coca Cola hat das doch auch funktioniert …

Das kommt ganz darauf an, wie die Ideen und das damit verbundene Wissen genutzt werden sollen. Wird das Wissen ohnehin dadurch offenbar, dass das betreffende Produkt veröffentlicht wird, sollten Unternehmen vor Markteintritt prüfen, ob sie nicht besser ein Patent anmelden. Dies kann bei einer technischen Idee sinnvoll sein, die laut Gesetz neu ist und „auf einer erfinderischen Tätigkeit“ beruht – bei Verpackungen zum Beispiel in Form einer besonders raffinierten Verschlusslösung. Solange das Produkt aber keine Rückschlüsse auf das damit verbundene Wissen zulässt – so wie bei der Coca-Cola-Rezeptur – kann der sogenannte „Know-how-Schutz“ einem gewerblichen Schutzrecht (Patent oder Gebrauchsmuster) gegenüber vorzuziehen sein, denn schon durch seine Geheimhaltung ist das Know-how naturgemäß gegen Nachahmung geschützt. Noch dazu schützt das Gesetz das Know-how gegen unbefugten Zugriff. Wer sich für den Know-how-Schutz entscheidet, sollte aber gut darauf achten, dass das Wissen dauerhaft geheim gehalten wird. Müssen wirklich alle Abteilungen im Unternehmen oder gar externe Dienstleister über die neue Technik Bescheid wissen? Sicher nicht! Der Kreis der Mitwissenden sollte also möglichst klein bleiben. Mit ihnen sollten in jedem Fall Geheimhaltungsvereinbarungen getroffen werden. Denn sobald das Wissen offenkundig wird, verliert es jeden gesetzlichen Schutz. Und: Solange Know-how nicht geschützt ist, können Wettbewerber später immer noch eine ähnliche oder gar die gleiche Entwicklung auf den Markt bringen. Noch dazu lässt es sich schwer vor Gericht belegen, dass Know-how tatsächlich verletzt wurde. Hier gilt es also sorgfältig abzuwägen, ob nicht doch eher Patentschutz infrage kommt. Die damit verbundenen Investitionen zahlen sich womöglich aus. Ähnlich wie bei der besagten Eigentumswohnung.

 

Erschienen in der Ausgabe 8/2016 der Zeitschrift creativ verpacken.
Bild: faithie
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