Das Wissen, das Unternehmen im Laufe der Zeit sammeln, ist wertvoll – und regelmäßig sogar ein wesentlicher Vermögensbestandteil. Ein Gut also, das es zu schützen gilt. Was sollte am besten mit diesem Wissen geschehen und wie kann man es schützen? Kann es geheim gehalten werden? Oder lässt sich eine Veröffentlichung ohnehin nicht vermeiden? Je nachdem, welche Ziele ein Unternehmen verfolgt und um welches Wissen es sich handelt, kann der Patentschutz oder der Schutz als Geschäftsgeheimnis sinnvoller sein.
Wenn ein Unternehmen eine Innovation schafft, verbessert es damit meist die Eigenschaften seines Produkts. Oder es optimiert das Verfahren zur Herstellung dieses Produkts. In beiden Fällen sind technische Expertise und technischer Fortschritt im Spiel. Wissen, das es zu schützen gilt, wenn das jeweilige Unternehmen im Wettbewerb bestehen will. Die Frage ist nur, wie. Häufig stehen mittelständische Unternehmen vor der Frage, ob sie für ihre Innovation Patentschutz anstreben oder ihr Wissen geheim halten sollen. Der sorgfältige Umgang mit dem Wissen ist in beiden Fällen entscheidend.
Patente – effektiver Schutz insbesondere für technische Produkte
Liegt die Erfindung in der Verbesserung von Produkteigenschaften ist der Fall häufig klar: Das Wissen, das in dem Produkt steckt, ist meist leicht ersichtlich. Seine Eigenschaften lassen sich damit nur schwer geheim halten, sobald es einmal auf den Markt gebracht worden ist. Da Reverse Engineering nach dem neuen Geschäftsgeheimnisgesetz auch eindeutig keine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen mehr ist, gilt ein eingeschränkter Geheimnisschutz auch in Fällen, in denen dem Produkt seine Eigenschaften nicht „auf die Stirn geschrieben“ sind. Wer sein Produkt nicht angemessen durch Patente schützt, riskiert also, dass ein Wettbewerber es “nachbaut”. Ein Patent wird auf technische Erfindungen erteilt, die neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Die Patentanmeldung wird im Laufe des Erteilungsverfahrens aber veröffentlicht. Die erfinderische Lösung ist damit nicht mehr geheim und entsprechend durch das Gesetz nicht mehr als Geschäftsgeheimnis geschützt. Wird ein Patent erteilt, ist die Lösung aber vergleichsweise gut gegen Nachahmung geschützt. Es gilt ein absolutes Verwertungsverbot, das der Patentinhaber jedem anderen gegenüber durchsetzen kann.
Know-how-Schutz nach dem neuen GeschGehG insbesondere attraktiv für Verfahren
Insbesondere bei technischen (Fertigungs-)Verfahren kann der Schutz als Geschäftsgeheimnis Vorteile gegenüber dem Patentschutz haben. Das Wissen lässt sich hier häufig gut betriebsintern halten. Das gleiche gilt jedoch auch für den Wettbewerber, der ein Verfahren nachahmt, das zum Patent angemeldet und mit der Patentanmeldung veröffentlicht wurde. Wird ein Patent erteilt, kann es daher sehr schwer werden, dem Wettbewerber, den man mit der Patentanmeldung erst schlau gemacht hat, die Patentverletzung nachzuweisen. Es kann hier also besser sein, das Verfahren als Geschäftsgeheimnis geheim zu halten. Auch dieses unterliegt einem gesetzlichen Schutz.
Hierzu hat der Gesetzgeber vor Kurzem neue Voraussetzungen geschaffen.
Im April 2019 ist das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Kraft getreten. Es ermöglicht Unternehmen, gegen diejenigen vorzugehen, die rechtswidrig auf ihr Know-how zugreifen oder es rechtswidrig verwerten. Einen „absoluten“ Schutz für Geschäftsgeheimnisse bietet das GeschGehG aber nicht – und hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Patenten. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht dagegen vorgehen können, wenn andere ihr geheim gehaltenes technisches Wissen rechtmäßig erwerben und nutzen, wenn sie also zum Beispiel die gleiche Lösung selbst (wenn auch später) entwickeln. Dies kann auch durch Analyse der im Markt erhältlichen Produkte des Mitbewerbers geschehen.
„Geschäftsgeheimnis“: ein Begriff, vier Kriterien
Geschäftsgeheimnis kann jede Information sein, die die folgenden vier Kriterien erfüllt:
- Sie muss geheim sein.
- Sie muss von wirtschaftlichem Wert sein.
- Sie muss mit angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt sein.
- An ihrer Geheimhaltung muss ein berechtigtes Interesse bestehen.
Als Geschäftsgeheimnis kommt neben technischen Erfindungen daher auch jede andere Information von wirtschaftlichem Wert in Betracht (also insbesondere Konstruktionspläne, Algorithmen, Rezepturen, Kundenlisten, Business-Pläne, Werbestrategien und auch Rohdaten), solange sie die genannten vier Kriterien erfüllt. Während ein wirtschaftlicher Wert der Information und ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse in aller Regel gegeben sind, ist den Kriterien des Geheimseins und der angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Wann ist eine Information geheim? Laut GeschGehG ist das der Fall, wenn sie nicht allgemein bekannt und nicht ohne weiteres zugänglich ist, wenn also nur Personen davon wissen, die zur Vertraulichkeit verpflichtet sind. Ebenso als geheim gilt eine Information, an die Dritte nur mit großen Mühen und Kosten gelangen können.
Die Voraussetzung angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen ist die wichtigste Änderung, die durch das neue GeschGehG auf Unternehmen zukommt. Anders als bisher sind solche Maßnahmen damit nicht mehr nur notwendig, um eine Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zu verhindern, sondern auch, um überhaupt rechtlichen Schutz für diese zu bekommen. Trifft der Inhaber diese Maßnahmen nicht, verliert er den Geheimnisschutz. Was aber heißt „angemessen“? Das GeschGehG gibt hierauf keine Antwort. Erst die Rechtsprechung wird die Anforderungen in Zukunft konkretisieren. Klar ist aber schon jetzt, dass der Begriff der Angemessenheit „relativ“ ist, es also auf die konkreten Umstände ankommt. Unternehmen sind gut beraten, zumindest ihre essenziellen Geschäftsgeheimnisse zu identifizieren und hierfür Geheimhaltungsmaßnahmen zu ergreifen. Folgende Arten von Maßnahmen kommen in Betracht, um ein Geschäftsgeheimnis vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen:
- Kennzeichnungen der Informationen als „vertraulich“
- Vertragliche Vereinbarungen zu Vertraulichkeitspflichten mit allen Personen (Arbeitnehmern, Dienstleistern, Geschäftspartnern), denen das Geschäftsgeheimnis zugänglich gemacht wird. Idealerweise sollten die Vereinbarungen nicht zu pauschal sein, sondern es sollte deutlich werden, welche Geschäftsgeheimnisse konkret hierunter fallen. Bei Arbeitsverträgen liegt die besondere Herausforderung darin, die Geschäftsgeheimnisse auch nach Beendigung des Vertrages (nachvertraglich) zu schützen.
- Zugangsbeschränkungen zu Informationen. Der Kreis der Personen, denen Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht werden, sollte beschränkt sein, möglichst auf die Personen, die die Informationen für ihre Arbeit benötigen.
- Technische Schutzmaßnahmen. Diese reichen – je nach Unternehmensgröße – vom einfachen Passwortschutz über Firewalls bis hin zu komplexen Sicherheitssystemen. Hierzu gehört auch die Frage, inwieweit Mitarbeitern gestattet wird, eigene Hardware zu nutzen.
Ob solcherlei Maßnahmen zur internen Organisation im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen für den eigenen Betrieb angemessen sind, sollten Unternehmen anhand der kommenden Rechtsprechung regelmäßig überprüfen (lassen). Eingeführte Schutzmaßnahmen sollten sie gut dokumentieren und kontrollieren, ob diese auch eingehalten werden.
Laufzeit, Kosten, Exklusivität
Auf den Punkt gebracht: Stehen Unternehmen vor der Frage, wie sie ihre technische Innovationen schützen sollen, müssen sie sich zunächst vergewissern, ob sich diese mit Markteintritt überhaupt geheim halten lassen. Ist dies – wie bei betriebsinternen Verfahren – möglich, gibt es überhaupt erst eine echte Wahl. Der Schutz als Geschäftsgeheimnis kann dann zu empfehlen sein. Seine besonderen Vorteile: Er ist mit vergleichsweise geringen Kosten verbunden. Noch dazu ist seine Laufzeit unbegrenzt. Die technische Lösung wird dem Wettbewerber zudem nicht durch eine Patentveröffentlichung offenbart. Wer sich für den Schutz als Geschäftsgeheimnis entscheidet, muss allerdings die Geheimhaltung mit angemessenen Maßnahmen sicherstellen.
Ein Patent ist demgegenüber mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden und ab dem Anmeldetag in der Regel für maximal 20 Jahre gültig. Wenn die Gefahr besteht, dass ein Wettbewerber die gleiche Lösung unabhängig entwickelt, kann der Patentschutz die bessere Wahl sein. Nur hierdurch lässt sich die Nutzung der Lösung durch andere effektiv vermeiden. Außerdem kann der später entwickelnde Wettbewerber seinerseits für die nicht offengelegte Lösung Patentschutz bekommen, den er im ungünstigen Fall auch gegen den früheren Entwickler durchsetzen kann.
Grundsätzlich sollte eine genaue Prüfung und bewusste Entscheidung für den jeweiligen Schutz immer vor Markteintritt erfolgen. Wird eine Erfindung offenbart, wenn das Produkt in den Markt gelangt, und wurde vorher keine Patentanmeldung hinterlegt, kommen weder der Patentschutz noch der Schutz als Geschäftsgeheimnis mehr in Betracht.
Dieser Artikel erschien erstmalig in den Service-Seiten Finanzen Steuern Recht, Ausgabe Düsseldorf 20/2019.
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