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Zahlreiche Magazine sind wissenschaftlichen Rätseln auf der Spur. Hier eine aktuelle Auswahl!

Ein Junge träumt vom Fliegen.

Das Muskelkraftflugzeug

Stramme Waden, luftige Höhen

Kann man sich mit ein paar Pedaltritten in die Luft erheben? Man kann. Die Voraussetzung: gute Kondition und das richtige Fluggerät. Holger Rochelt hatte beides. Sein Vater Günther war der Erfinder der Musculair, einem ultraleichten Muskelkraftflugzeug.

50.000 britische Pfund Preisgeld standen auf dem Spiel. Sie sollten an denjenigen gehen, der als erstes ein Flugzeug nur mit Muskelkraft in die Luft bringt. Der Engländer Henry Kremer, ein wohlhabender Industrieller, hatte die Summe 1959 ausgelobt. Die Bedingungen: ein aus eigener Kraft gestarteter Flug mit einem Muskelkraftflugzeug in Form einer liegenden Acht um zwei Markierungen, die 806 Meter voneinander entfernt stehen. Der Flug durfte maximal acht Minuten dauern. Noch dazu musste bei Start und Ziel ein drei Meter hohes Hindernis überflogen werden.

Das Muskelkraftflugzeug – mit Leichtigkeit in die Luft

18 Jahre lang zerbrachen sich Tüftler aus der ganzen Welt den Kopf. Bis es schließlich dem Amerikaner Dr. Paul MacCready gelang. Mit seiner Gossamer Condor vollführte der Pilot Bryan Allen 1977 den ersten muskelbetriebenen Flug. Henry Kremer zahlte das stolze Preisgeld aus. Aber er tat es zähneknirschend: Eigentlich hätte er gern einen Europäer als Sieger gesehen. Also lobte er erneut einen Preis aus – für den ersten Europäer. Günther Rochelt fühlte sich gleich angespornt, die Flugtechnik war schließlich sein Metier! Zuvor hatte er sich lange Zeit mit Solarflugzeugen beschäftigt. Also machte er sich an die Arbeit.

Nach vielen Experimenten war seine Erfindung startklar: die Musculair I, ein Muskelkraftflugzeug mit einer Spannweite von 22 Metern und einer Masse von gerade mal 28 Kilogramm. Die Energie für den Antrieb der Luftschraube wurde vom Piloten erzeugt und mittels Fahrradpedalen auf den Propeller übertagen. Hierzu erklärte sich Rochelts damals 17-jähriger Sohn Holger bereit. Er war mit knapp 56 Kilo leichter als sein Vater und kannte sich schon aus in der Fliegerei. 1984 gelang ihm auf einem Flugplatz bei München mit der Musculair I seines Vaters der Flug der liegenden Acht – damit war den beiden der Henry-Kremer-Preis sicher. Mit der Musculair II schaffte Holger Rochelt 1985 schließlich eine Durchschnittgeschwindigkeit von 44 km/h über 1,5 Kilometer: ein Weltrekord für diese Flugzeuggattung!

Zum Video über einen Testflug

(Header: Sunny studio  AdobeStock.com, im Beitrag: COHAUSZ & FLORACK)

Das Muskelflugzeug Musculair
Das Musculair im Deutschen Museum

Ort des Testflugs

Flughafen Oberschleißheim, Jägerstraße 1, 85764 Oberschleißheim