Große, geschnürte Pakete Altpapier

Das Recyclingpapier

Ausgewaschene Idee

Terpentinöl, Wascherde und Kalk – diese Komponenten halfen Justus Claproth im 18. Jahrhundert bei einer wichtigen Erfindung: dem Prozess des Papierrecyclings.

Eigentlich hätte man Justus Claproth eine rein juristische Laufbahn zugetraut: In Göttingen hatte der im Jahr 1728 geborene Kasseler Jura studiert und promoviert. 1759 wurde er zum Professor ernannt und arbeitete wenige Jahre als  Manufakturrichter. Hierbei bekam er einen Einblick in die technische Arbeitsweise von Handwerkern. Womöglich war das der Antrieb für sein weiteres Wirken: 1774 veröffentlichte er eine Schrift mit dem sperrigen Titel „Eine Erfindung, aus gedrucktem Papier wiederum neues Papier zu machen und die Druckerfarbe völlig herauszuwaschen“. Hätte Claproth heute gelebt, hätte er es wohl direkt „Papierrecycling“ genannt.

Aus Alt wird Neu

Zu Claproths Lebzeiten bestand Papier noch aus Stofffetzen, die gereinigt, eingeweicht, gekocht und gebleicht wurden. Aus dieser Masse wurde das Papier mit Sieben geschöpft, anschließend gepresst, getrocknet und zugeschnitten. Die starke Nachfrage nach Papier konnten die Papiermühlen auf diese Weise damals aber kaum stillen. Claproths Idee des Recyclings kam also gerade recht, um den Rohstoffmangel zu beheben. Die Hauptbestandteile, die der Jurist in seiner Schrift aufgeführt hatte, waren Terpentinöl, Wascherde und Kalk. Mit ihnen wollte er die Druckerschwärze aus bedrucktem Altpapier auswaschen und so neues Schreibpapier herstellen. Der Müller Johann Engelhardt Schmidt half ihm dabei: In seiner Papiermühle in Klein Lengden bei Göttingen führte er die ersten Experimente durch. Mit Erfolg: Claproths Abhandlung über das Verfahren wurde schon auf dem wiederaufbereiteten Papier gedruckt. Damit erklärte sich das Medium gewissermaßen selbst.

Durchsetzen konnte sich Claproth mit seinem Verfahren damals allerdings noch nicht, da das dafür nötige Sortieren, Reinigen und Zerfasern des Altpapiers kaum wirtschaftlich war. Außerdem hatte das Papier eine dunkle Färbung und war damit nicht für alle Zwecke geeignet. Später wurde bei der Papierproduktion Holz eingesetzt, auch dadurch geriet das Verfahren vorläufig in Vergessenheit. Erst in den 50er Jahren wurde man wieder auf das Prinzip der Druckfarbenentfernung aufmerksam. Auf ihr basiert das sogenannte Deinking-Verfahren in der Papiertechnik. Claproth war also seiner Zeit lange voraus. Dass er als Jurist diese Erfindung gemacht hat, ist im Nachhinein vielleicht kein Wunder: Schließlich brauchen Juristen Papier wie kaum ein anderer Berufsstand.

(Bild: sasapanchenko – AdobeStock)

Ort der Erfindung

Steinsmühle 8, 37130 Gleichen/Klein Lengde

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