Die Perga Packung, der erste Getränkekarton

Die Perga-Packung

Geschickt verpackt – der erste Getränkekarton Europas

Lebensmittelverpackungen sind aus unserem heutigen Alltag kaum wegzudenken. Hinter den praktischen Kartons steckt eine vielseitige Geschichte – zum Beispiel die von Günter Meyer-Jagenberg und seiner Entdeckung der Perga-Packung.

1878 gründet Ferdinand Emil Jagenberg in der heutigen Düsseldorfer Innenstadt eine Papiergroßhandlung. Die Nachfrage ist groß und mithilfe seiner beiden Söhne Max und Emil sowie dem Aufkauf einer Maschinenfabrik baut er das Geschäft weiter aus: Die Jagenberg-Werke werden zu einer gefragten Adresse für Papiermaschinen.

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickeln und produzieren sie zum Beispiel Anleimmaschinen, Flaschenetikettiermaschinen, Faltschachtelklebemaschinen oder Kartonagemaschinen. Ende der 20er Jahre arbeiten hier 1.350 Personen. Längst sind die Werke international bekannt und expandieren in alle Welt.

Die Erfindung der Perga-Packung

Günter Meyer-Jagenberg, ein Neffe Emil Jagenbergs, ist nach einem USA-Besuch inspiriert: In den Vereinigten Staaten wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Milchbehälter aus Papier erfunden, der zur Abdichtung in Paraffin-Wachs getaucht wurde. Daraus entstanden wasserdichte Kartons, die schon vorgeformt an die großen Molkereien geliefert wurden. Dort wurde die Milch abgefüllt und der Karton verschlossen.
Günter Meyer-Jagenberg entdeckt das Potenzial – und entwickelt den ersten europäischen Getränkekarton. Er nutzt das vorhandene Know-how aus der Faltschachtelherstellung im eigenen Unternehmen und meldet 1929 ein Patent für eine flüssigkeitsdichte Faltschachtel an, die er „Perga“ nennt.

Ein Jahr später beantragt er das „Perga-Patent“. Die Perga ist die erste flexible Verpackung in Europa und die Vorläuferin der heutigen weltweit erfolgreichen Verpackungssysteme von SIG Combibloc. Im Unterschied zu den Verpackungen in den USA, die für Großmolkereien ausgerichtet sind, ist die Perga-Packung auf den deutschen Markt und seine Vielzahl kleinerer Abfüllunternehmer ausgerichtet, die ihre Produkte ohne größeren technischen Aufwand abfüllen können.

Perga-Packung als Massenprodukt

Zum Massenprodukt wird die Verpackung erst nach dem Zweiten Weltkrieg: In den 50er Jahren beginnen Getränkekartons zu boomen. Sie unterstreichen das moderne Lebensgefühl der Wirtschaftswunderjahre. Das führt zu beengten Produktionsverhältnissen am Fabrikationsstandort Düsseldorf.

So sucht die Firmenleitung nach einer neuen Produktionsstätte und zusätzlichen Arbeitskräften. Fündig wird man in Linnich bei Aachen. Jagenberg gründet dort 1958 die Papier- und Klebstoffwerke Linnich GmbH (PKL). 1962 verändert sich die Perga-Packung, um einem kostengünstigeren Transport für die neu aufkommenden Supermärkte gerecht zu werden. Sie erhält eine Blockform und die Maße sind exakt auf die Standard-Größe der damaligen Paletten angepasst. Ab jetzt heißt sie Blocpak. Bis 1969 werden 14 Milliarden Packungen hergestellt und vertrieben.

Im Jahr 1975 erlebt sie erneut eine wichtige Veränderung: die aseptische Abfüllung. Ab jetzt ist es möglich, auch andere Nahrungsmittel und Getränke in Kartons zu verpacken: Der neue Name? combibloc. In den 80er Jahren werden die Jagenberg-Werke sukzessive von der Rheinmetall Maschinenbau AG übernommen und in den 90er Jahren in einzelnen Sparten wieder verkauft. 1985 steht das Düsseldorfer Werk leer. Die Produktion hat sich nach Neuss verlagert.

Heute

Der Bereich der Getränkeverpackungen gehört seit 1989 zur schweizerischen SIG Gruppe in Neuhausen. Im Linnicher Werk werden Nachfolgerinnen der Perga-Packung produziert. Längst gibt es die Verpackung in den unterschiedlichsten Formaten und in CO²-reduzierter Packstoffvariante.

Es gibt auch eine neue Jagenberg AG mit Sitz in Krefeld. Sie ist auf Maschinenbau und technische Textilien spezialisiert.

Der Salzmannbau

Als sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Produktion der Jagenberg-Werke schnell vergrößert, geht die Familie auf die Suche nach einer neuen geeigneten Produktionsstätte. Das Gelände zwischen der Himmelgeister-, Merowinger- und Uhlenbergstraße scheint perfekt geeignet.

Jagenberg beauftragt die Düsseldorfer Architekten Salzmann & Ganzlin. Die neue Fabrik wird 1906 feierlich eingeweiht und ist für die damalige Zeit sehr modern. Es gibt Umkleideräume, Speisesäle, eine Schänke, eine Einkaufsgenossenschaft und eine Badeanstalt. Zudem ist bei der Planung darauf geachtet worden, dass die Räume hell und angenehm sind. Nach dem Auszug der Jagenberg-Werke Mitte der 80er Jahre wird das Gelände von der Stadt Düsseldorf erworben und umgebaut.

Heute ist es ein Industriedenkmal mit Wohnungen, Künstlerateliers und der Jazzschmiede, einem Veranstaltungszentrum.

 

(Headerbild, "Werbeanzeige" und "Arbeiter in der Pause": SIG Combibloc Systems GmbH, "Werkseingang" und "Sattelschlepper": Jagenberg AG)

Schwarz-Weiß-Foto vom Haupteingang der Jagenberg-Werke
Werkseingang, ca. 1919
Retro-Druck von einer Frau, die aus einer Milchtüte trinkt
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Schwarz-Weiß-Foto eines beladenen Sattelschleppers
Der Vorläufer des Sattelschleppers – Emil Jagenbergs Erfindung
Schwarz-Weiß-Foto von zwei Arbeitern, die aus Perga-Packungen trinken
Arbeiter in der Pause

Ort der Erfindung

Salzmannbau, Himmelgeister Straße, 40225 Düsseldorf

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